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Ein Abenteuer mit zwei Hauptdarstellern
 < 21.03.2006 >
Bericht aus den Fürther Nachrichten, 18.11.2006

Projekt Schülercoach: Wie ein 47-jähriger Unternehmer einem Hauptschüler hilft, seinen Weg zu gehen

Im Frühjahr hat sich der Unternehmer Florian Dickopp bereit erklärt, als so genannter Schülercoach ehrenamtlich einen Hauptschüler zu betreuen. Weder Dickopp noch sein Schützling Maximilian wussten, was auf sie zukommt. Es ist schön, aber nicht immer leicht, sagen sie über ein halbes Jahr, das sie verändert hat.

ZIRNDORF - An ihr erstes Treffen können sich beide gut erinnern. Coach und Schüler saßen vor einer Eisdiele in Zirndorf. "Ich war ganz schön unsicher, ich wusste ja überhaupt nicht, wohin die Reise geht", erinnert sich der 47-jährige Florian Dickopp. Der Ex-Mann von Landrätin Gabriele Pauli leitet in Zirndorf eine Firma für Medizintechnik. Er und der 15-jährige Maximilian ließen sich auf etwas ein, womit sie bis dato keine Erfahrungen gesammelt hatten.

Dickopp, der in den vergangenen Jahren stets Kinder mit erzogen hat, aber selbst keine eigenen hat, wollte als Schülercoach Jugendlichen helfen, die Probleme in der Schule haben. Damit steht er im Landkreis nicht alleine da. Ehrenamtliche Betreuer sind an allen Hauptschulen im Landkreis tätig (wir berichteten).

Dabei geht es weniger darum, gemeinsam zu pauken. Vielmehr sollen die Erwachsenen die Schüler motivieren und an ihrer Lebenserfahrung teilhaben lassen. In Zirndorf treffen sich inzwischen elf Schülerinnen und Schüler regelmäßig mit ihrem Coach.

Maximilian wurde von seiner Oma zum Coaching gestupst. Sie hatte in der Zeitung von dem Angebot gelesen und meinte, es würde ihrem Enkel nicht schaden. Der Junge meldete sich und bekam Florian Dickopp zugeteilt.

Dann also die erste Begegnung vor der Eisdiele: auf der einen Seite der Unternehmer mit Sakko und rahmenloser Brille; auf der anderen der damalige Achtklässler mit Turnschuhen und Knopf im Ohrläppchen. Zwei Welten. "Ich hatte vorher kaum Kontakt zu Jugendlichen", räumt Dickopp ein. Und Maximilian? "Mit Erwachsenen hatte ich immer nur Stress."

Die ersten Treffen waren anstrengend. "Zum Nasebohren", wie Dickopp meint. Sie kamen sich nur langsam näher. Im Sommer stand ihr Kontakt sogar auf der Kippe. Warum? "Das ist unsere Sache", sagt Dickopp. Maximilian nickt zustimmend. Drei bis vier Wochen sahen sie sich nicht. Bis der Schüler den ersten Schritt machte und aus dem Urlaub eine SMS schrieb. "Darüber habe ich mich wirklich gefreut", erzählt der Coach.

Seit vier Monaten seien ihre wöchentlichen Treffen richtig entspannt. Sie reden viel miteinander, brauchen kein großes Programm, wenn sie sich sehen: Sie schlürfen Milch-Shakes in der Eisdiele oder probieren Sushi beim Japaner. Mal besucht Maximilian seinen Coach in dessen Büro, ein anderes Mal steuern sie Rennautos über den Computerbildschirm im Elternhaus des Jungen. Sie duzen sich längst.

"Ja, ich hab' mich verändert"

Über was tauschen sich ein 47-Jähriger und ein 15-Jähriger aus? "Über alles, was uns durch den Kopf geht", sagt Dickopp - auch mal über "die mistigen Sachen im Leben eines Erwachsenen". So bauen sie Vertrauen auf. Gemeinsam Zeit zu verbringen und dabei Spaß zu haben, ist ihr Ziel. Und scheinbar nebenbei soll Maximilian den Quali schaffen und eine Lehrstelle finden. Nachhilfe gibt Dickopp nicht. Auch über die Schule reden sie selten. Stattdessen setzt der Coach auf "Persönlichkeit".

Noch vor einem halben Jahr hat sich Maximilian gegenüber Erwachsenen verschlossen. Dickopp half dem Jungen dabei, ein normales Verhältnis zu Erwachsenen zu entwickeln. Eltern und Lehrern falle dies ungleich schwerer als einem Außenstehenden, findet der Coach. "Jetzt sieht Maximilian den Leuten in die Augen und grüßt freundlich", sagt Dickopp. "Und das Beste: Das kam ganz ohne Drill, sondern von innen heraus."

"Ja", meint Maximilian, "ich hab' mich schon etwas verändert." - "Gscheit verändert", wirft Dickopp ein und klopft ihm anerkennend auf die Schultern.

Maximilians Vater betrachtet die Entwicklung mit Freude. "Er ist umgänglicher und offener geworden", findet Andreas Podszuck. Der Gastwirt ist geschieden und erzieht seine zwei Söhne unter der Woche alleine. "Für mich ist der Coach eine gute Unterstützung", sagt Podszuck.

Seit Beginn des neuen Schuljahres tut sich was, sagt auch Klassleiter Udo Kratzer. Früher habe Maximilian häufig den Unterricht gestört, sich leicht ablenken lassen. Jetzt höre er bewusster zu, sei freundlicher, und lasse sich auch mal was sagen: "Man merkt richtig, wie es in ihm arbeitet."

Auch Florian Dickopp hat dazu gelernt: "Maxi hat mir geholfen, die Sorgen und Probleme von Jugendlichen zu verstehen." Dass der Neuntklässler eine Lehrstelle findet, ist Dickopps Hauptanliegen. "Eine gute Bewerbung ist das A und O", sagt der Unternehmer, der vier Angestellte beschäftigt. Schon der Eindruck des Bewerbungsfotos sei entscheidend. Gemeinsam waren Coach und Schützling schon beim Fotografen.

Maximilian schwebt eine Ausbildung zum Bäcker oder Koch vor. Im Sommer 2007 steht der Quali an. Seine Noten müssen besser werden, das weiß der Schüler. Dickopp hat ihm klar gemacht, wie wichtig der Abschluss ist. Lernen soll Maximilian jedoch eigenständig, ohne Druck. Mit einer Ausnahme, so Dickopp: "Wenn er mich bittet, mit ihm zu pauken, würde ich nicht ,Nein' sagen."

Erwachsene, die sich für die Arbeit als Coach interessieren, sowie Schüler, die Unterstützung möchten, wenden sich an Peter Held, mobil (01 62) 4 04 97 42.

JOHANNES ALLES
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